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Dr. Patricia Feubli, Leiterin CC Communication & Marketing Technologies und Stv. Leiterin Master in Applied Information and Data Science an der HSLU: "Praxisorientierte KI: Chancen und Einstiegs-Strategien für Unternehmen"

Unternehmen setzen künstliche Intelligenz (KI) bereits auf vielfältige Weise ein, um ihre Effizienz zu steigern, Zeit zu sparen und Kosten zu senken. Mit den kontinuierlichen Fortschritten wird KI schnell zu einer wertvollen Ressource für Unternehmen aller Branchen. Wie jedoch findet ein Unternehmen den Einstieg bei der Anwendung von KI?

Am Freitag, 22. März 2024 durfte unser Präsident, Stephan Grau, 34 Teilnehmende anlässlich des Lunchs im Grand Casino Luzern begrüssen.

Referat vom Frau Dr. Patricia Feubli, Leiterin Competence Center Communication and Marketing Technologies und Stv. Leiterin Master (MSc) in Applied Information and Data Science an der Hochschule Luzern, zum Thema «Praxisorientierte KI: Chancen und Einstiegs-Strategien für Unternehmen»

Was ist KI? Künstliche Intelligenz hat ihren Ursprung in den 1940er Jahren und ist der Versuch, menschliche Intelligenz mit Maschinen nachzubilden. Die ursprüngliche KI war bzw. ist darauf ausgerichtet, vorhandene Daten korrekt wiederzugeben, wie z.B. Siri oder Alexa dies tun. Die Generative KI (GenKI) ist darauf ausgerichtet, neues zu produzieren – der Versuch, Maschinen das menschliche Denken beizubringen. Experten gehen davon aus, dass es noch zwei bis fünf Jahre dauert, bis GenKI Mainstream ist und grossflächig anwendet wird.

Trotz der rasanten technologischen Entwicklung ein ausgesprochen schwieriges Unterfangen, Maschinen das menschliche Denken beizubringen: selbst die heutigen Maschinen und Modelle sind nach wie vor nicht so clever und müssen, bevor sie eine Aufgabe richtig ausführen können, zuerst von Experten mit den richtigen Daten «trainiert» werden.

Mit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 hat sich eine ganz neue Welt eröffnet. Man kann via ChatGPT oder Midjourney irgendeinen Prompt abschicken und erhält passable Antworten, ohne dass man zuerst ein Modell trainieren muss. Damit wurden die leistungsstärksten Modelle auf einen Schlag demokratisiert: d.h. GenKI kann auch von Laien genutzt werden, die über keine tiefergehenden Kenntnisse der zugrundeliegenden Modelle verfügen. Modelle wie ChatGPT oder Midjourney (beides LLT – Large Language Models) verbreiteten sich sehr schnell und kommen nebst der allseits bekannten Text- und Bildgenerierung bereits in vielen Bereichen zur Anwendung: sie verstehen «Maschinensprache» bzw. Code, die Funktionsweise des menschlichen Körpers, Chemie, Physik und vieles mehr. Deshalb werden diese Modelle auch in den Bereichen Coding oder Medikamentenentwicklung eingesetzt. In Anbetracht der vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von GenKI ist es nicht verwunderlich, dass es inzwischen unzählige Anbieter auf dem Mark gibt, die auf GenKI beruhende Apps anbieten.

Im Bereich KI passiert derzeit unglaublich viel in einem rasanten Tempo. Wie sieht es jedoch mit der Validität der Daten aus, die für das Trainieren der Modelle verwendet wurden? Wir alle kennen es: wenn man das Internet nach Informationen bzw. Daten absucht, kommt dabei nicht nur Wahres und Verwertbares zutage, sondern auch ganz viel Schrott. Deshalb arbeitet man an Techniken, welche bei der Erstellung einer Antwort auf externe, verifizierte Quellen zurückgreifen können und somit bessere bzw. verlässlichere Antworten geben. Nebst der kontinuierlichen Erschliessung von Anwendungsfeldern wird auch an der Verbesserung der Argumentation der Modelle gearbeitet und man versucht, verschiedene spezialisierte Modelle miteinander zu einem Modellsystem zu kombinieren (z.B. Textverständnis mit Bildproduktion)

Der Konkurrenzkampf bei den Anbietern von Large Language Modells (LLM) ist enorm. Da ist OpenAI – jedem frei zur Verfügung stehende Modelle wie ChatGPT, Gemini von Google Deepmind, Llama2 von Meta und aktuell ist gerade Mistral vom gleichnamigen französischen Unternehmen auf dem Vormarsch.

Die technologische Entwicklung von KI und die breiten Einsatzgebiete versprechen Innovation, eine Automation der Arbeitsprozesse, Effizienzsteigerung…wo liegen jedoch die Herausforderungen im Umgang und Einsatz von KI?

In der ganzen Entwicklung der KI darf die Meta-Ebene der Modelle nicht vergessen gehen: Themen wie Transparenz, Validität und Bias (einen Verzerrungseffekt durch falsche Untersuchungsmethoden. "Bias" entsteht durch einen systematischen Fehler, der nachvollziehbar sein mag, aber zu einem verfälschten Ergebnis führt) werden stark diskutiert.

Wie das Large Language Model (LLM) vom Prompt zur Antwort kommt, ist für Menschen nicht nachvollziehbar. Wenn wir GenKI immer intensiver nutzen, sollten wir jedoch eine Ahnung haben, wie das Modell zu der Antwort gekommen ist.

Es wird oft ausser Acht gelassen, dass das Trainieren der Modelle und deren tägliche Nutzung unglaublich energieaufwändig ist. Angesichts des Klimawandels können wir uns das gar nicht leisten. Auch die künftige Zusammenarbeit von Menschen und Maschinen – was macht der Mensch und was wird von GenKI übernommen - wirft noch einige Fragen auf.

Was bedeutet das jetzt für die Unternehmen? Unternehmen können mit GenKI Arbeitsprozesse automatisieren, Produktionsstrassen einfach in Stand halten und administrative Prozesse vereinfachen. Zudem kann GenKI eingesetzt werden, um die Produktpalette zu verbessern / erweitern, Videos zu produzieren oder Anleitungen in verschiedenen Sprachen zu erstellen. Mit bzw. dank KI können also die Effizienz gesteigert und Innovationen produziert werden.

Andererseits bringt KI auch grosse Unsicherheiten mit sich:

  • Warum sollen die Kunden noch bereit sein, den ursprünglichen Preis zu bezahlen, wenn vieles automatisiert werden kann?
  • Ist die aktuelle Produktpalette noch konkurrenzfähig und fallen Bereiche oder auch Zulieferer weg?
  • Haben wir im Unternehmen die Mitarbeitenden mit den entsprechenden Skills in Anbetracht des Aufkommens neuer Technologien?

Diese Fragen lassen sich nicht einfach so beantworten, weil wir uns noch mitten in der Entwicklung befinden und nicht klar ist, wohin uns die Reise mit KI führen wird.

Frau Dr. Patricia Feubli rät den Anwesenden, sich mit GenKI auseinandersetzen, die Tools auszuprobieren und zu lernen. Nur wenn man mit den Tools experimentiert, lernt man die Vorteile, Einsatzmöglichkeiten und die Grenzen kennen und kann dadurch informiert entscheiden, wie man damit umgehen will. Es ist auch eine Möglichkeit und Chance, an der aktuellen Entwicklung teilzuhaben und diese mitzugestalten.

Die Hochschule Luzern bietet mit dem Master of Science in Applied Information and Data Science und dem Bachelor in Artificial Intelligence & Machine Learning zwei Aus- bzw. Weiterbildungen an, um sich das nötige Skillset selbst anzueignen, Mitarbeitende auszubilden oder junge Talente mit den entsprechenden Skills in Ihr Unternehmen zu holen.

Unternehmen können ab sofort und bereits heute auf die Ressourcen der HSLU zugreifen: sie können ihre Fragestellungen und use cases in den Unterricht bringen und von den Studierenden beantworten lassen; sie können Projekte als Masterarbeiten ausschreiben und sogar grössere Projekte an der HSLU ausschreiben und von mehreren Studierenden über mehrere Monate und Jahre bearbeiten lassen; sie können an der HSLU Stellen ausschreiben, seien dies nun Praktika oder Festanstellungen. 

Zentralschweizer Unternehmen können sich auf ihrem Weg in die künstliche Intelligenz zudem durch LAC2 begleiten lassen. Frau Dr. Patricia Feubli stellt den non-profit Verein LAC2 (Lucerne AI & Cognitive Community) vor. GenKI ins Unternehmen zu integrieren ist nicht ganz einfach – oft weiss man nicht wo anfangen. LAC2 bietet Hand bei der Integration mit Beratung & Support, günstigem Zugang zu state-of-the-Art Technologien, einer geschützten Umgebung zum Ausprobieren eben dieser Technologien und der Möglichkeit, kleine Prototypen zu entwickeln und mit einem grossen Netzwerk einen direkten Zugang zu Providern.

Im Anschluss an das spannende, informationsgeladene Referat Frau Dr. Patricia Feubli genossen die Teilnehmenden einen feinen Lunch und angeregte Gespräche im Restaurant Olivo.

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